Die Digitalisierung, die wir meinen.

Erkenntnisse aus unserer Befragung über den Stand der Digitalisierung in Vorarlberg.

Mit dem Verein Plattform für digitale Initiativen haben wir uns vor fast zehn Jahren zum Ziel gesetzt “den Funken der Digitalisierung in den Menschen der Region zu zünden”. Heute fragt niemand mehr, ob wir Digitalisierung brauchen – weil wir sie tagtäglich immer nutzen. Aber was bedeutet das eigentlich? Um den Funken zukünftig etwas gezielter zünden zu können, haben wir genauer beleuchtet, wie es mit Vorarlberg und der Digitalisierung steht.

Der Drang, etwas zu verändern und Menschen zu inspirieren, hat die digitalen Initiativen immer geeint. Zugang zu neuen Themen legen, begeistern und aktivieren sind die Mittel, mit denen wir agieren. Die Strategie und Zielsetzung war nicht immer klar genug. In zahlreichen Gesprächen hat sich die essentielle Frage herauskristallisiert, ob Digitalisierung als Technologiebegriff ausreichend weit gefasst ist. Oder ist “Digitalisierung” ein Kulturbegriff? Dazu haben wir um die 25 Gespräche mit Akteurinnen und Akteuren innerhalb und außerhalb unseres Vereins geführt.

Nachholbedarf bei Netzwerken und Kollaboration

Die Digitalisierung ist in Vorarlberg angekommen. Sie hat spürbar Einfluss auf Menschen, beruflich und persönlich. Unternehmen entwickeln digitale und analoge Produkte mit der Unterstützung digitaler Technologien. Klassisch vorarlbergerisch gibt es einige “Hidden Champions”, die unter dem Radar fliegen, wenig bekannt aber trotzdem relevant sind. Auch die größeren Unternehmen befassen sich aktiv mit der Digitalisierung ihrer Produkte und beschreiten neue Geschäftswege.

Nachholbedarf haben Unternehmen in der Region laut unseren Gesprächspartnern beim Bilden von Netzwerken. Hier sind sie noch zu sehr in der alten Welt verhaftet. Oft überwiegen Ängste vor dem Verlust der Arbeitskraft oder des Betriebsgeheimnisses, anstatt sich zu öffnen und aktiv Kollaborationen zu suchen, die neue Erkenntnisse, Geschäftszweige und Wachstum ermöglichen. Es wird verkannt, dass in einer globalisierten Welt breiter gefasste Zusammenschlüsse mehr Chancen haben. Diese Sicht umfasst ebenfalls die digitale Community in Vorarlberg insgesamt. Sie entfaltet nicht ihre volle Kraft, weil sie zu kleinteilig in einzelnen Organisationen agiert.

Die technische Infrastruktur ist teils gegeben. Digitale Werkzeuge zur Vereinfachung von Prozessen werden eingesetzt. Prozesse in der Interaktion mit der öffentlichen Hand müssen schneller und effektiver digitalisiert werden. Stückwerk und halbherzige Umsetzung lähmen Industrie und Innovation.

Ein ambivalentes Bild wird bei der Bildung gezeichnet. Hier retten einzelne Personen durch persönlichen Einsatz, was zu retten ist, wo Strukturen nicht an die Anforderungen der heutigen Zeit angepasst werden. Wir – das ist natürlich nicht nur ein Thema des Landes, sondern auch des Bundes oder gar auf europäischer Ebene – drohen hier den Anschluss an andere Länder und Regionen zu verlieren.

Digitalisierung ist Anleitung zu Kreativität und Mitgestaltung

Digitalisierung lässt Grenzen verschwinden, indem sie Menschen unmittelbar verbindet. Sie hat das Potential, Privilegien irrelevant zu machen, weil Wissen und Erfahrung einfach zur Verfügung stehen. Sie ermöglicht Innovation und Fortschritt indem sie Kollaboration effizienter und einfacher macht. Digitalisierung ist Anleitung zur Kreativität und Möglichkeit zur Mitgestaltung. Das ist die Digitalisierung, die wir meinen. Der verschlossene und “ghörige” Vorarlberger (bewusst die männliche Form) steht diesem Zukunftsbild im Weg, da Offenheit, Fehlerkultur und Optimismus diametral sozialisiert worden sind und werden.

Als Vorarlberger:innen brauchen wir ein optimistisches, offenes Weltbild. Nicht nur, um in der digitalisierten Welt bestehen zu können, sondern auch, um diese aktiv mitzugestalten. Die Zukunft braucht das. Als digitale Initiativen wollen wir die Region dahin lenken. Die Gespräche haben gezeigt, dass wir nicht alleine sind.