Agile DenkWerkstatt #12 – Fokus – mit voller Kraft voraus!

Am 25. November 2021 trafen wir uns online in kleiner Runde, um uns dieses Mal mit dem Nutzen agiler Werte in der Praxis zu beschäftigen. Am Beispiel des Contact Tracing in Vorarlberg beschriebt Ing. Thomas Gayer, IT-Leiter des Landes Vorarlberg, wie sein Team im November 2020 innerhalb von 6 Wochen eine funktionierende Software erstellt, welche Hürden sie dabei überwunden haben und welche Zwischenmenschlichen „Schritte“ dafür nötig waren.

Aus Sicht eines Zuhörers schildert Helmut Mons seine Eindrücke, die er in diesem Meeting gewonnen hat:

schnell und komplex – höher kann man die Latte wohl nicht setzen

So, wie uns der Corona-Virus überrollt hat, hat wohl auch der Ruf der lokalen Politik bzw. der Landesregierung nach einer Contact Tracing App den IT-Leiter und seine Teams überrollt. Es war ein Wettlauf mit der Zeit, bei der die Datensicherheit, Datenqualität, Verfügbarkeit und Performance dieser Applikation nicht erst einmal zurückgestellt werden konnten, sondern elementare Bestandteile der Planung und Umsetzung waren. Gerade in der vom Land betriebenen Systemlandschaft mit seinen fast unzähligen Applikationen, Schnittstellen und Abhängigkeiten, wurde hier die Latte durch diese spezielle Situation nochmals etwas höher gesetzt. Tägliche Lageänderungen und der politische Druck, hier schnell und punktgenau mit einer sicheren und hochverfügbaren Applikation zu landen, brachten alle Beteiligte fast an die Grenze ihrer Belastbarkeit.

liefern – was das Zeug hält

Dabei war es wichtig, so schnell wie möglich zu liefern. Feedbacks einzuholen. Nachzubessern, zu erweitern und wieder zu liefern. Und nicht gerade Notwendiges, konsequent nach hinten zu reihen. Vor allem ist es in solchen Situationen wichtig, dem Team den Rücken freizuhalten, damit diese hoch fokussiert an der Umsetzung arbeiten und möglichst schnell wieder liefern können. Eine Aufgabe, welche Thomas Gayer wohl meisterlich gelungen ist, denn das Team hat geliefert. Dafür brauchte es aber auch einen starken Product Owner, der unmissverständlich den Takt und die Richtung angab. Keine Zeit für lange Diskussionen. Keine Zeit für schicke Goldkanten. Immer ein Ohr für die AnwenderInnen und viele Augen vor Ort, um im Dialog mit den AnwenderInnen das Beobachtete zu bewerten und so mit konkreten Vorstellungen die nächsten Produktanforderungen an das Umsetzungsteam weitergeben zu können. Denn nur mit persönlicher Betreuung vor Ort werden die Dinge unmittelbar klar. Eine Klarheit, welche für das Umsetzungsteam von höchster Wichtigkeit ist. Keine Annahmen, die man mal trifft, auf gut Glück umsetzt und dann schaut, was denn die AnwenderInnen so meinen.

Ruhe bewahren – dran bleiben

In diesem Projekt konnte nicht lange vorausgeplant, konzipiert, probiert und dann mal angepasst werden. Umso wichtiger ist es, dass alle Beteiligten die Ruhe bewahren. Das ist dem IT-Leiter mit dem Product Owner und dem Umsetzungsteam bestens gelungen. Wie bei der Feuerwehr. Den Brand bekämpfen, auf sich selbst achten, unvermindert dran bleiben und sich nicht aus dem Konzept bringen lassen. Brand gelöscht. Feuer aus.

Scheitern gehört dazu – darüber reden auch

Bei einem solchen Einsatz passieren Fehlerhohes Tempo, Engpasssituationen und die Krisenstimmung sind da wie Brandbeschleuniger. Der Spruch, die Zeit heilt alle Wunden hilft hier nicht. Hier ist Soforthilfe notwendig. Und Soforthilfe in Projekten ist eine unmittelbare, ungeschönte, respektvolle und lösungssuchende Kommunikation zwischen den Beteiligten. Fingerzeigen gilt nur in Richtung der Lösung. „Was tun?“, ist dann die Frage, die sich alle stellen. Wer kann helfen? Unterstützen? Nicht einsam, sondern gemeinsam das Problem angehen und einer Lösung zuführen. Nicht herumeiern, sondern ins Tun kommen. Und vor allem die AnwenderInnen einbinden. Denn sie sind ja die unmittelbar Betroffenen, wenn etwas nicht wie gewollt oder erwartet funktioniert. Sie stehen an der Front. Ihnen muss geholfen werden, wenn es hakt. Darüber reden hilft. Damit man auch viel später, wenn der Sturm vorbei ist, gerne darüber reden kann. Thomas Gayer hat das bei seinem Impuls-Vortag sehr eindrucksvoll vermittelt.

Erfolge – feiern

Mit der Contact Tracing App hat Thomas Gayer mit all seinen KollegInnen sowie vielen UnterstützerInnen und den AnwenderInnen einen unglaublich wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Corona-Krise geleistet. Wahrscheinlich sind sie immer noch dran. Hoffentlich aber nicht mehr unter so großem Druck. Die App war und ist dank ihnen ein voller Erfolg. Und so hoffen wir, dass sie in der Zwischenzeit die Möglichkeit hatten, diesen Erfolg mal ordentlich zu feiern.

Uns bleibt nur ein großes DANKE zu sagen und unsere Bewunderung zu bekunden.